Immobilie - Anschaffungszeitpunkt
Der Anschaffungszeitpunkt eines Grundstücks ist für das Einkommensteuer- als auch das Investitionszulagenrecht entscheidend. Der BFH hatte mit seinem Urteil vom 17.12.2009 (Az. III R 92/08) den besonderen Fall der vor dem vertraglich vereinbarten Zeitpunkt erfolgten Grundstücksübergabe zu beurteilen.
Zum Fall: Der Kläger kaufte am 18. Juni 2001 ein Reihenhausgrundstück von einer GmbH, an der er zur Hälfte beteiligt war. Die GmbH hatte das zu diesem Zeitpunkt im Rohbau fertig gestellte Haus auf ihre Kosten zu vollenden. Der Kaufpreis betrug 200.000 DM. Davon waren 150.000 DM zwei Wochen nach Eintragung der Auflassungsvormerkung fällig; diese Rate überwies der Kläger am 24. Juli 2001. Die restlichen 50.000 DM, nach § 6 des notariellen Kaufvertrages fällig bei vertragsgemäßer Übergabe, wurden am 5. Februar 2002 gezahlt.
Mit Vertrag vom 19. Juli 2001 vermietete der Kläger das Haus ab dem 1. September 2001 für unbestimmte Zeit zu einer Kaltmiete von 1.250 DM.
Nach einer vom Kläger vorgelegten privatschriftlichen Vereinbarung vom 5. Juli 2001 stundete die GmbH die Zahlung der restlichen 50.000 DM bis zum 31. Dezember 2002 und bestätigte eine Änderung von § 6 des Kaufvertrages, wonach das Kaufobjekt mit Rücksicht auf den geplanten Einzug der Mieterin am 1. Juli 2001 übergeben worden sei.
Den Antrag auf eine Investitionszulage für den Mietwohnungsbau im innerörtlichen Bereich lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ab, weil die Anschaffung neuer Gebäude bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung nur gefördert werde, wenn diese vor dem 1. Januar 2002 erfolgt sei (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Investitionszulagengesetzes - InvZulG - 1999). Der Kläger habe das Gebäude erst im Februar 2002 angeschafft, weil er erst zu diesem Zeitpunkt die letzte Kaufpreisrate gezahlt und damit die Voraussetzungen für eine Übergabe des Kaufobjektes geschaffen habe.
Der BFH widersprach der Auffassung des Finanzamtes und des Finanzgerichts:
Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben. Dies kann geschehen, indem der bisherige Besitzer die Sache übergibt; gleichgestellt ist die einseitige Besitzergreifung durch den Erwerber mit Einverständnis des Übergebenden. Der Besitz an Grundstücken kann auch durch die Übergabe der Schlüssel übertragen werden.Bei der Übergabe handelt es sich um einen Realakt, d.h. um eine auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtete Willensbetätigung; Willensmängel sind dabei unerheblich. Der Besitz kann zu einem späteren oder - wie möglicherweise im Streitfall - zu einem früheren als dem kaufvertraglich vorgesehenen Zeitpunkt übertragen werden.
Leitsatz:
Ein bebautes Grundstück ist in dem Zeitpunkt angeschafft, in dem Besitz, Nutzungen, Gefahr und Lasten auf den Käufer übergehen. Maßgebend ist nicht der vertraglich vorgesehene, sondern der tatsächliche Übergang.
Quelle: BFH-Urteil v. 17.12.2009, Az. III R 92/08
Rechtsstand: 17.12.2009
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